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Märchen Südamerikas :

 

… Der alte Medizinmann gab Schwarzhaar eine Kalebasse. „Nimm“, sprach er, „wenn der Mond sein volles Gesicht zeigt, dann verlasse die Hütte deiner Eltern und folge deinem Herzen. Aber gib Acht, dass dein Kopf nicht zu dir sagt: „Folge mir und vergiss das törichte Herz!“, denn dann verlierst du den Weg. Wenn dein Herz sagt: „Hier ist der Ort“, dann bleibe und suche dir einen Ruheplatz. Bevor die Sonne untergegangen ist, trinke die Kalebasse leer und du findest den Weg zu dem Ort an dem alles begann.“

 

Als der Mond sein volles Gesicht zeigte, tat Schwarzhaar wie der Medizinmann ihm geheißen. Er wanderte durch die Maisfelder und stand bald vor einer undurchdringlich scheinenden, grünen Mauer. Dicht an dicht reihten sich dicke Stämme, so hoch als wollten sie mit ihren grünen Wipfeln über die Wolken reichen, dorthin wo die Götter leben. Dazwischen rankte sich niedriges Gestrüpp und armlange Lianen. Das Licht, welches durch das dichte Blätterwerk des Urwalds fiel, färbte alles in eine gefährlich-grüne Farbe. Es gab wunderbare bunte Blumen, die Schwarzhaar noch nie gesehen hatte. Aber manchmal raschelte es unheimlich ganz in der Nähe, in den Höhen der Bäume kreischten die Affen, zwischen den Blättern leuchteten Augen wie von Geistern.

 

„Schwarzhaar“, mahnte der Kopf, „kehr um. Jetzt ist es noch Zeit.“ „Denk an deinen Vorsatz“, mahnte das Herz. „Nichts wird dir geschehen, wenn du furchtlos bist.“ Schwarzhaar ging weiter.

 

„Psst“, machte plötzlich das Herz, „Bleib stehen.“ Er blieb stehen. Keinen Steinwurf entfernt zog die große Würgerin vorbei. „Lauf“, sagte der Kopf, „lauf und bring dich in Sicherheit.“ „Bleib stehen“, mahnte das Herz. Sie wird dich nicht bemerken. Doch läufst du davon, wird sie auf dich aufmerksam.“ Die riesige Schlange glitt an Schwarzhaar vorbei und verschwand im Dickicht …